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Anpassungsverhalten in der Kindheit: Ein Überlebensmechanismus und eine Schutzstrategie

Autorenbild: Sandra KonjerSandra Konjer

Aktualisiert: 8. Feb.


Unplash Janko Ferlic
Unplash Janko Ferlic

 


Die Kindheit ist eine Zeit, in der wir als Menschen geprägt werden – von den Eltern, von Freunden, von der Welt um sie herum. Für viele Kinder ist diese Welt jedoch nicht immer freundlich. In solchen Momenten beginnt das Anpassungsverhalten sich wie ein schützender Mantel um sie zu legen. Es wird zu einem Überlebensmechanismus, der hilft, in einer Realität, die sich nicht gut anfühlt, zu navigieren.


Viele Kinder haben oft das Gefühl, dass ihre eigenen Bedürfnisse nicht zählen. Wenn sie traurig sind, schließen sie manchmal die Augen und stellen sich vor, sie wären jemand anderes – jemand, der stark und unverwundbar ist. Doch gleichzeitig passen sie sich an die Erwartungen anderer an, werden zur perfekten Tochter, zum braven Schüler oder zur besten Freundin. Und tief im Inneren spüren sie, dass sie sich selbst dabei verlieren…


Das Lächeln, das sie aufsetzen, ist oft nur eine Maske. Hinter dieser Fassade kämpfen sie mit einem Sturm aus Emotionen, Ängsten und Zwängen, die sie nicht ausdrücken können oder wollen. Sie haben gelernt, dass Schwäche nicht akzeptiert wird, dass das Zeigen von Verletzlichkeit nicht nur gefährlich, sondern auch unerwünscht ist. Also passen sie sich an, werden zu Chamäleons, die sich je nach Situation verändern.


Diese Schutzstrategie hilft, in einer Welt zu überleben, die oft unberechenbar und überwältigend ist. Viele Kinder lernen, die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen zu stellen, um Harmonie zu schaffen und Konflikte zu vermeiden. Doch während sie sich anpassen, spüren sie, wie sie Stück für Stück in den Hintergrund treten. Wo ist das Kind, das sie einst waren? Wo sind ihre Träume, ihre Wünsche, ihre Stimme?


Im Nachhinein wird deutlich, dass dieses Anpassungsverhalten nicht nur eine Flucht ist, sondern auch eine Art von Stärke. Es hilft, in schwierigen Zeiten zu bestehen und sich in verschiedenen sozialen Kreisen zurechtzufinden. Doch es bringt auch eine große Einsamkeit mit sich. Je mehr sie sich anpassen, desto weniger fühlen sie sich wirklich verbunden – mit sich selbst und mit anderen. Diese Einsamkeit kann oft zu einem Gefühl der Depression führen, das sie über die Jahre hinweg begleitet.


Das Thema Bindungstrauma ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Die Erfahrungen in der Kindheit schaffen ein Gefühl der Unsicherheit, das sich auf spätere Beziehungen auswirkt. Die Angst, verlassen zu werden oder nicht genug zu sein, führt dazu, dass viele in einem ständigen Zustand der Alarmbereitschaft leben. Nähe und Intimität werden oft als schmerzhaft empfunden, weshalb sie sich häufig von anderen abkapseln, aus Angst, erneut verletzt zu werden.


Es stellt sich mir die Frage, wie viele Menschen in dieser ständigen Anpassung gefangen sind.

Wie viele Kinder lernen, sich zu verstecken, um geliebt zu werden?

Wie viele tragen die Last der Erwartungen anderer, während sie ihre eigenen Träume begraben?

Es ist eine schmerzhafte Erkenntnis, dass viele sich selbst verlieren, während sie versuchen, den Anforderungen der Welt gerecht zu werden.

Doch in diesem Prozess des Verlierens gibt es auch eine Chance – eine Chance, die eigene Stimme wiederzufinden und die eigene Identität neu zu entdecken. Es ist ein langer Weg, der oft von Zweifeln, Ängsten und Erinnerungen an vergangene Zwänge begleitet wird. Doch es ist auch ein Weg der Befreiung. In dem Moment, in dem sie beginnen, ihre eigene Wahrheit zu leben, spüren sie, wie die Schatten der Vergangenheit langsam verblassen.

Es wird klar, dass es in Ordnung ist, nicht perfekt zu sein. Es ist in Ordnung, verletzlich zu sein. Und es ist nicht notwendig, die Erwartungen anderer zu erfüllen, um geliebt zu werden. Viele sind auf dem Weg, die verschiedenen Facetten ihrer selbst anzunehmen – die Ängste, die Träume, die Wunden und die Heilung.

Wenn sie heute zurückblicken, sehen sie die Schönheit in der Komplexität des Menschseins. Anpassungsverhalten mag ein Überlebensmechanismus gewesen sein, doch es ist nicht das Ende ihrer Geschichte. Es ist ein Kapitel, das sie gelehrt hat, wer sie sind und wer sie sein möchten. Und das ist das wahre Geschenk, das die Kindheit gegeben hat – die Möglichkeit, sich selbst zu finden, während sie die vielen Farben und Schatten ihres Lebens umarmen.



Umarmung,

eure Sandra

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